Die Burgherrin und der Fremde – Teil 4
Wie einen Mehlsack hatte der Marschall den gefesselten Fremden über der Schulter getragen, und wie einen Mehlsack ließ er ihn im Folterkeller auf den Boden plumpsen. Ausruhen konnte der Fremde sich dort jedoch nicht; denn sofort löste der Marschall die Stricke, die bisher als Fesseln gedient hatten, und legte dafür seine Hand- und Fußgelenke in eiserne Ringe, an denen sich stabile eiserne Ösen befanden.
Von diesen Ringen gab es sehr viele im Folterkeller; manche waren an den Wänden befestigt, andere lagen einfach herum.
Mit einem Blick auf die Burgherrin vergewisserte sich der Marschall, welches der vielen Folterinstrumente und Foltergeräte, die hier in der Folterkammer standen, sie als erstes zur Anwendung bringen wollte.
Gerlin deutete mit dem Kopf auf die Streckbank. Der Marschall grinste, zog den Fremden auf die Füße und stieß ihn grob vor sich her bis zur Streckbank. Dann packte er ihn, legte ihn auf die Streckbank, Arme und Beine lang ausgestreckt, und fesselte ihn dort mithilfe von Ketten, die er in die stabilen Ösen an den Eisenfesseln einhakte.
Die Burgherrin hatte inzwischen mit ihrer mitgebrachten Fackel alle Fackeln entzündet, die an den Wänden in eisernen Halterungen steckten. Die Kammer war nun genügend erleuchtet, um mit der Arbeit zu beginnen.
Zuerst stellte sie sich neben die Streckbank und blickte nachdenklich auf den Fremden herab. Auf einmal sah er gar nicht mehr so hübsch aus, mit dem Knebel, den ängstlichen Augen und seiner Wollhose, die ihm noch immer in den Knien hing. Dazwischen lag schlaff wie ein leerer Weinschlauch seine Männlichkeit.
Verächtlich hob der Marschall das schrumpelige kleine Teil mit spitzen Fingern hoch und ließ es wieder fallen. „Ich glaube, Herrin“, bemerkte er dann, „ich weiß, warum Laurenz Euer großherziges Angebot abgelehnt hat, Eure Kammer mit Euch zu teilen. Er ist einfach nicht in der Lage, eine Frau zufrieden zu stellen und hatte Angst, sich zu blamieren.“
Gerlin lachte. Es tat ihrem etwas angeknacksten Ego gut, das zu hören. Und wer weiß, vielleicht war ja wirklich etwas daran …
„Nimm ihm den Knebel ab“, wies sie den Marschall an. Der riss dem Fremden den Leinen Fetzen ab, dass dessen Kopf nur so herum flog. Sofort begann Laurenz wieder zu protestieren und zu verlangen, dass man ihn sofort von seinen Fesseln befreite und frei ließ.
Er erntete damit nur ein herzliches Lachen seiner beiden Folterer. „Du wirst freigelassen, wenn ich das bestimme“, erklärte ihm Gerlin. „Und jetzt wirst du still sein und ausschließlich auf meine Fragen antworten. Hast du mich verstanden?“
Laurenz ließ nicht nach mit seinem Protest. Die Burgherrin gab dem Marschall einen Wink, und schon drehte der am Rad der Streckbank. Die Holzbank zog sich langsam auseinander. Zuerst machte das dem Fremden überhaupt nichts aus; er schimpfte einfach weiter wie ein Rohrspatz, ohne Pause und ohne Atem zu holen.
Bis der Marschall ungeduldig wurde und sein Bemühen am Rad der Streckbank verdoppelte. Sehr schnell endete der Satz, den Laurenz gerade begonnen hatte, in einem gellenden Schrei. Nun hatte sich die Streckbank schon so verlängert, dass sie unbarmherzig seinen Körper auf eine extrem schmerzhafte Weise in die Länge zog.
„Wirst du mir jetzt gehorchen?“, fragte die Burgherrin ihn streng. Laurenz nickte mit schmerzerfülltem Gesicht. Sie gab dem Marschall ein Zeichen, woraufhin dieser das Rad wieder ein Stück zurückdrehte.
Der Fremde seufzte erleichtert auf, aber nach einer kurzen Pause begann er bereits wieder zu lamentieren. Der Marschall drehte das Rad erneut in die andere Richtung, und so ging das immer hin und her, mit dem Marschall am Rad drehend und mit Laurenz wechselnd zwischen wilden Forderungen und gepeinigten Schreien, bis er es dann endlich eingesehen hatte, dass er chancenlos war.
Er blieb stumm. Befriedigt nickte die Burgherrin, und begann mit ihrer Befragung.