Die Strafe fürs Schweigen

24. Juli 2009

Wie bestraft man jemanden, der an der falschen Stelle geschwiegen hat?
Nun, ich könnte ihn natürlich auspeitschen, aber das ist mir für diesen speziellen Fall viel zu sehr Standardstrafe, die für ein besonderes Vergehen nur wenig geeignet ist. Außerdem hätte Phil selbst viel zu viel Spaß an einer solchen Züchtigung – und das ist ja nun nicht der Sinn der Sache.

Ansonsten könnte ich ihm an einem romantischen Abend einen Knebel anlegen, so dass er auch an der richtigen Stelle nichts sagen kann. Das würde ihn schon ziemlich unglücklich machen.
Aber damit würde ich mich erstens auch selbst bestrafen, denn Phil versteht es ganz wunderbar, mir in einer Mischung aus Deutsch und Englisch Komplimente zu machen und die wunderbarsten Dinge zu sagen, die ich schon gerne hören möchte. Darauf will ich nicht verzichten.
Außerdem wäre das noch immer nicht grausam genug, um ihm das Ausmaß seines Vergehens deutlich zu machen.
Oh nein – ich habe mir etwas ganz anderes überlegt.
Es ist eher eine kleine psychologische Spielerei, die ihn aber, da bin ich mir sicher, verdammt in Verlegenheit bringen wird.
Ich habe nämlich einfach Sheila eingeladen, doch einmal am Wochenende, bevor ich am Tag darauf meine erste Probesession in ihrem Domina Studio haben werde, bei uns vorbei zu schauen.
Damit man sich ein bisschen näher kennenlernen kann, wo ich doch in Zukunft möglicherweise für sie arbeiten würde, so habe ich das ihr gegenüber begründet. Was sie auch nicht nur in Ordnung fand, sondern auch ausdrücklich begrüßt hat und eine sehr gute Idee fand.
Und Phil habe ich natürlich nichts davon gesagt.
Zuerst hatte ich vor, ihn in irgendein typisches Sklaven Outfit schlüpfen zu lassen, bevor sie kommt, für ihn ja total überraschend, aber das wäre denn nun doch gar zu gemein gewesen ihm gegenüber.
Er wird auch ohne diese zusätzliche Demütigung schwer mit seiner Verlegenheit zu kämpfen haben, da bin ich mir sicher.
Ganz ohne dass er etwas merkte ging es natürlich nicht, denn ich musste ja einen Kuchen besorgen, Kaffee kochen und den Tisch decken – beziehungsweise Phil als meinen Sklaven das übernehmen lassen -, bevor Sheila kam.
Ich habe ihm aber nur gesagt, dass ich eine Frau eingeladen hatte, von der ich glaubte, sie könne vielleicht mit der Zeit meine Freundin werden, und dass ich sie über meine frischen SM Kontakte in London kennengelernt hätte.
Beides war ja nicht gelogen; es war nur eben auch nicht die ganze Wahrheit, denn es fehlte die entscheidende Information.
Die enthielt ich ihm ebenso vor, wie er sie mir vorenthalten hatte; und insofern fand ich das eine sehr gerechte Strafe.
Zum Glück ahnte er offensichtlich überhaupt nicht, wer diese Frau sein könnte, hatte nicht einmal einen leisen Verdacht in die richtige Richtung. Unter anderem wohl deshalb, weil ich so gar keinen Aufstand um diesen Besuch machte. Er dachte es sich gewiss, dass ich zum Thema Sheila, das ja noch nicht vergessen war, bestimmt etwas mehr Brimbamborium veranstaltet hätte.
So traf es ihn völlig unerwartet, als es dann geklingelt hatte, ich ihm befahl, noch schnell den Kuchen auf den Tisch zu stellen, zur Tür ging und dann mit Sheila zurückkam. Die auch da, für den rein sozialen Besuch, nicht auf ein Domina Outfit verzichtet hatte – heute trug sie einen Lederrock, hohe Lederstiefel, eine schwarze Seidenbluse und dazu ein Taillenkorsett in einem dunklen Violett.
Es sah echt klasse aus.
Ich hatte es schon geahnt, dass sie wieder als Domina kommen würde, jedoch diesmal bewusst darauf verzichtet, und nicht wie beim ersten Treffen aus einer falschen Überlegung heraus, ebenfalls Lack und Leder anzulegen.
Dass Phil sie genauso sehen würde, wie sie ihm damals bei der Sklavenerziehung im Studio begegnet war, das geschah ihm ganz recht; ich wollte da nicht seine Aufmerksamkeit ablenken, indem ich mich ebenfalls in meine Domina Schale warf, sondern seine ungetrübtem unabgelenkte Reaktion mitbekommen.
Wir beiden Frauen kamen nun also ins Wohnzimmer, wo Phil neben dem Tisch wartete, wie ein braver, gehorsamer Sklave.
Er erblickte Sheila – und wurde bleich. Nun ja, das sagt sich immer so schön in Geschichten, aber eigentlich sieht man so etwas ja gar nicht. So bleich wird kaum jemand, auch nicht beim größten Schreck, das man das so beobachten könnte.
Dass Phil allerdings nicht nur überrascht, sondern sehr unangenehm berührt war von dieser Begegnung, das konnte ich sehen. Seine Augenlider flatterten erst nach oben, dann schlossen sie sich wieder.
Er wirkte sichtlich aufgeregt.
Und wusste überhaupt nicht, wie er sich Sheila gegenüber benehmen sollte. Statt sie zu begrüßen, starrte er sie einfach nur an.
Übrigens war ich auch rasend gespannt darauf, wie Sheila nun reagieren würde. Sie war ja sozusagen seine Mistress gewesen, bevor ich auf der Bühne aufgetaucht war; von daher konnte man ihr schon gewisse Rechte zugestehen.
Allerdings war ich ja nun inzwischen da und ganz eindeutig seine Herrin – da hatte sie sich eigentlich nicht einzumischen.
Ja, ich gebe zu, es ist richtig fies, die Menschen so psychologisch zu testen – aber es macht wirklich richtig Spaß!
Aber bevor ich euch berichte, wie es bei diesem überraschenden Besuch weiter ging, müsst ihr euch schon bis zur nächsten Woche gedulden.
Au revoir!


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