Ein Date

25. August 2012

Schon eine Stunde später kann ich mich über den Erfolg freuen. Er hat zugestimmt. So ruhig und selbstverständlich, als sei überhaupt nichts dabei. Na, und ob etwas dabei ist – das wird er schon sehen …

Das denke ich vorher. Am Nachmittag darauf bin ich klüger. Wenn jemals ein Essen den Zusatz Arbeit- davor verdient hat, dann dieses. Natürlich, er war formvollendet höflich, hat mir aus dem Mantel und in diesen hinein geholfen, mir den Stuhl zurechtgerückt, mich nach meinen Wünschen befragt – streng essensbezogen natürlich -, für mich bestellt, und bezahlt. Klasse. Aber nicht ein privates Wort ist von ihm gefallen. Elegant hat er meine sämtlichen Anstrengungen abgewehrt, persönlich zu werden.

Langsam nähert mein Zustand sich einer Art Delirium. Das macht mich unvorsichtig. Meiner ersten Einladung folgt eine zweite. Eine noch kessere. Zur Party an diesem Wochenende, die ich für das Magazin kommentieren soll. Eine SM-Party natürlich.

Er zieht leicht die Augenbrauen über den schönen grauen Augen hoch – das erstaunt nun wohl doch selbst unseren unberührbaren Eiszapfen -, aber seine Zustimmung erfolgt in ebenso wohlgesetzten, gestelzten Worten wie beim Mittagessen.

Über eines kann ich mir sicher sein – wenn er jetzt noch nicht weiß, dass ich ihn haben will, dann liegt seine Intuition im Winterschlaf.

Der Freitag Abend nähert sich, und ich bin schon am Morgen ein Nervenbündel. Nicht, dass die Nacht besser gewesen wäre.

Diese Party, das ist meine Chance. Ich muss es schaffen, die Stimmung dort auszunutzen. Es ist keine Spieleparty; Gott bewahre! Nein, bei den Veranstaltern geht es immer ruhig, gesittet, elegant und kunstvoll zu. Aber ungeheuer reizvoll … Wenn es mir dort nicht gelingt, ihn zu verführen, dann kann ich es aufgeben. Am besten auch gleich mich nach einem anderen Job umsehen.

Die Sekunden ticken herunter wie zäher Brei. Fünfmal ziehe ich mich um, dreimal schminke ich mich neu, und meine Haare verändere ich alle vier Minuten.

Mein Kostüm ist perfekt – eine schlichte, extralange Jacke aus schwarzem, satinähnlichen Stoff, und darunter, unter der Jacke, ein weißes Etwas, kaum breiter als ein Stirnband, ebenfalls glänzend, für die verräterischsten Stellen. Dazu eine rote Rose am Revers. Stiefelletten mit hohem Absatz.

Wie eine mechanische Puppe renne ich in meiner Wohnung herum. Er wird mich abholen. Wenn es doch bloß schon so weit wäre; wenn ich es doch bloß schon hinter mir hätte! Wie bin ich nur auf diese Schnapsidee gekommen … Es will und will nicht halb acht werden.

Aber dann auf einmal ist es doch so weit, ganz plötzlich, und ich habe nicht einmal mehr eine Minute, um schnell ein hundertunzehntes Mal aufs Klo zu marschieren.

Es klingelt.

Ich öffne die Tür.

Draußen steht er; ganz in Leder. In schwarzem Leder natürlich.

Doch bevor mein Herz einen wilden Freudenhüpfer machen kann, entdecke ich die schmale Kette in seiner Hand – und hinter ihm die schlanke Figur der korsettierten Dame, an deren Halsband sie befestigt ist.


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