Ein Sklave, zwei Sklaven – kein Sklave
Ich hob ein Bein, lehnte mich halb auf Samuels Arsch, rieb mich an ihm. Er, der die ganze Zeit nichts gesagt hatte, murmelte jetzt auf einmal etwas. Ich musste ihn auffordern, es zu wiederholen, denn ich hatte es nicht verstanden.
„Ich wünschte, mein Freund wäre hier“, keuchte er. Aha – er hatte also einen Freund, mit dem er schon über SM geredet hatte. Und mit dem gemeinsam er gerne unter unserer Fuchtel stünde. Nun denn – wenn der Freund nicht allzu weit weg wohnte, ließ sich das ja machen. Zwei Männer gleichzeitig beherrscht hatte ich schon lange nicht mehr, und ich hatte auf einmal Lust darauf. Große Lust.
„Wo wohnt denn dein Freund?“, fragte ich und zog ihm meine Fingernägel über den nackten Rücken, brachte ihn mit Bewegungen meiner Hüften auf dem Bett zum Schaukeln. Es stellte sich heraus, sein Freund, Peter, wohnte ganz in der Nähe.
„Willst du ihn anrufen?“, schlug ich vor, in dem Augenblick heiser vor Erregung. „Ich bin zu allem bereit, Herrin“, flüsterte er.
Ich stand auf. „Dann tu es.“, erklärte ich. „Dann könnt ihr mir beide dienen.“ Ich greife ihm im Nacken in die Haare, ziehe seinen Kopf hoch. „Willst du das? Willst du mir zusammen mit deinem Freund dienen?“
„Ja“, murmelte Samuel rau. „Ich will, dass Sie mich dazu zwingen.“ Ich ihn zwingen? Aber Moment mal – war der Vorschlag nicht von ihm gekommen? Er hatte es doch angeregt, seinen Freund dazu zu holen! „Wie bitte?“, blaffte ich.
Er dachte wohl, ich hätte nicht richtig verstanden. „Ich möchte, dass Sie, Herrin, über jeden Schritt wachen und herrschen. Dass Sie es mir in einem Ton befehlen, der keinen Zweifel daran lässt, ich habe keinen Ausweg und muss gehorchen, muss Ihnen mit meinem Freund zusammen dienen. Ich möchte, dass Sie, Herrin, mich dazu zwingen.“
Mit anderen Worten, wenn es gar nicht anders geht, dann macht Samuel auch das, was er sich vorher gerade erst von mir gewünscht hat? Oder wie war das gemeint? Gehen wir einmal großzügig darüber hinweg, dass der Befehl zum Befehl ein Absurdum an sich ist.
Richtig – auch im SM-Bereich ist die unbedingte, bedingungslose Hingabe und Erfüllung jeder Forderung des dominanten Partners in der Regel nur die Träumerei für Wichsvorlagen und Trockenfantasien, keine Realität.
Gerade wer auf Realität achtet sollte allerdings vielleicht nicht unbedingt von so irrealen Dingen reden wie dem absoluten Zwang, der keinen Ausweg lässt …
Muss man auf diese Weise das Ausleben der eigenen Bi-Neigungen wirklich so herabsetzen und in den Dreck ziehen?
Die Bi-Neigung ist im Zweifel vorhanden; gerade jemand mit der Einstellung, dass er als Befehlsempfänger durchaus Forderungen im Hinblick auf Art und Weise der Befehle stellen kann zeigt ja, man wird die eigenen Gelüste und Abneigungen entscheiden lassen und würde folglich nichts tun, was man sich nicht irgendwie doch selbst wünscht.
Nun denn – wieso gesteht man sich und der „Herrin“ das nicht offen ein?
Wieso steht man nicht zu diesen Sehnsüchten, sondern verkraftet ihre Realisierung nur dann, wenn man die Verantwortung dafür einem oder vielmehr einer anderen in die Schuhe schieben kann?
Dies einmal ganz davon abgesehen, dass mit einer derartigen Äußerung ein anderer Mensch, ein Mann, ein Partner der Herrin, ganz gleich ob Mitsklave oder selbst dominant, zu einer Sache herabgewürdigt wird. Zu einem Strafmittel wie andere Dinge auch; Peitsche, Reitgerte, Klammern, Natursekt und anderes.
Ich will hier keineswegs dem schrankenlosen Gehorsam das Wort reden – aber der größeren Ehrlichkeit. Und dem größeren Respekt – vor den eigenen Wünschen ebenso wie vor der Herrin und einem potentiellen weiteren Partner.
Mit der Einstellung, dass Zwang dazu nötig ist, dass es ein „Opfer“ ist, vergeht mir vollständig das anfangs erwähnte Vergnügen am Vergnügen der beiden Männer. Ich mag es nicht, wenn man mir die Last für diese Lust ganz unzweideutig und dominant auf meine Schultern packt.
Gerade wenn man als verantwortungsvoller Top die Wünsche, die Tabus und die Grenzen des devoten Partners ohnehin ständig im Auge hat, sind solche Tricksereien nicht nur unehrlich, sondern geradezu eine Beleidigung.
Und unnötig noch dazu.
Das Einbeziehen dritter Personen in erotische Spiele ist meistens ein kritischer Bereich.
Seltsamerweise haben die meisten devoten Männer aber nicht die geringsten Schwierigkeiten, wenn die dritte Person weiblich ist. Dann dienen sie ganz ohne Wenn und Aber und Zwang und Einschränkungen … Aber wenn es um einen zweiten Mann geht, muss die Domina „Zwang“ anwenden. Und zwar auch da, wo die bisexuellen Gelüste des Sklaven nur allzu deutlich erkennbar sind.
Irgendwie war mir die Lust vergangen. Und zwar nicht nur daran, beide Männer zu dominieren; sondern auch die Lust, mein Spiel mit Samuel fortzusetzen.
Noch einmal zog ich ihm die Peitsche mit voller Wucht über den Rücken, dass sie diesmal eine doch beinahe blutige Spur hinterlässt. „Ich hab die Nase voll von dir“, zischte ich. „Raus mit dir!“
Samuel wollte es zuerst gar nicht glauben, dass ich es ernst meinte. Er verstand die Welt nicht mehr. Aber dann ging er doch. Und mir war klar, ich war hier lange genug gewesen. Noch an dem Abend selbst packte ich meine Sachen und verschwand am nächsten Morgen direkt nach dem Frühstück, als Samuel noch schlief.
Ohne meinen beiden netten Gastgebern eine Adresse zu hinterlassen, wo sie mich erreichen konnten.