Im Domina Studio Teil 18
Im Domina Studio Teil 18
Am nächsten Tag, einem Sonntag, trifft er Alexander erneut, als er gemütlich ein Frühstück in einem Café einnimmt. Das gönnt er sich ab und zu sonntags, das Frühstücksbüfett hier, statt dem trostlosen Frühstück zuhause, das den Sonntag zum Alltag macht. Und da ist er wieder, Alexander. Fast fühlt er sich ein wenig verfolgt.Er hat es beinahe befürchtet, und tatsächlich bringt Alexander sein Tablett zielsicher an seinen Tisch. Saft, Müsli, Milch und ein Apfel. Wie schrecklich gesund.“Ich hatte nicht damit gerechnet, Sie hier anzutreffen“, bemerkt Alexander, setzt sich, ohne die Formalität der Erlaubnisanfrage einzuhalten. „Dito“, erwidert er trocken.Alexander leert den Saft auf einen Zug. „Wollen wir uns über unseren Beruf unterhalten, oder lieber über andere Dinge?“ „Mir wären andere Dinge lieber“, sagt er. Er will nicht mit Alexander über seinen Job reden. Zumal der nichts ist im Vergleich zu der Position, die Alexander offensichtlich erreicht hat.“Was gäbe es denn zwischen uns zu sagen, was mit Ihrem Beruf nichts zu tun hat?“, mokiert sich Alexander, während er sein Müsli umrührt.Zu seinem Gehabe würden Whiskey und eine Zigarette besser passen, denkt er spöttisch. Apropos – wäre er ein unhöflicher Mensch, würde er Alexander seinen Gesundheitstrip jetzt mit ein wenig Passiv-Nikotin versüßen. Hunger hat er ohnehin keinen mehr. Aber es ist sicher besser, er spart sich das als möglichen Rückzugsvorwand auf.Einstweilen jedoch nimmt er sich vor, den Stier bei den Hörnern zu packen. „Ihre Eifersucht vielleicht?“Die Hand mit dem Löffel voller Müsli stoppt mitten auf dem Weg zum Mund. „Eifersucht? Mein lieber Jakob, glauben Sie nicht, Sie überschätzen sich ein wenig? Weshalb sollte ich auf einen Kunden meiner Frau eifersüchtig sein?““In der Tat – warum sollten Sie. Dann ist es also nur das Band der gemeinsamen Neigungen, das Sie an meinen Tisch geführt hat?“Aggressiv beugt Alexander sich vor. „Sie sind nichts als ein Anfänger! Von gemeinsamen Neigungen können Sie möglicherweise in ein paar Jahren einmal reden, aber so lange halten Sie doch gar nicht durch. Sie holen sich ein wenig bizarre Aufregung, den kleinen Schauer des Verbotenen, und dann kehren Sie zufrieden in ihre altes, gewöhnliches, langweiliges Leben zurück.““Schön – umso weniger verstehe ich, was Sie an mir so gewaltig stört, dass Ihre ganze kühle Selbstbeherrschung zum Teufel geht, die Sie in anderen Situationen so meisterhaft zu beweisen wissen.“Das hat gesessen, denkt er hämisch; eine sichtbare Röte färbt Alexanders Gesicht.“Sie kleiner Wichser!“, zischt er.Nun wird es doch Zeit für eine Zigarette. Ohne das Einverständnis damit zu erbitten, steckt er sich eine an, bläst Alexander den Rauch mitten ins Gesicht. Es bereitet ihm ein gewaltiges Vergnügen, ihn zu provozieren. Falls er es auf einen offenen Krach in dieser Umgebung ankommen lässt, schadet das Alexander mehr als ihm, solange er ruhig bleibt.Wenn Blicke töten könnten, würde er sich allerdings den Rest seines Lebens ersparen.“Sind Ihnen eigentlich alle Kunden so zuwider, oder richtet sich diese Aufmerksamkeit exklusiv gegen mich?““Bilden Sie sich bloß nicht zu viel ein. Und eines kann ich Ihnen versprechen – Sie sind nicht mehr lange Sarahs Kunde.“Durch die Erwähnung ihres Namens geht ihm endlich auf, mit seiner Triezerei, so viel Spaß sie auch bereitete, hat er womöglich für sie eine ziemlich unangenehme Auseinandersetzung heraufbeschworen. Alexander wird ihr garantiert von diesem Geplänkel am Frühstückstisch berichten, sie drängen, ihn abzuservieren. Und selbst wenn ihr das grundsätzlich weder Kopf- noch Herzschmerzen bereitet, Alexander wird das Gespräch kaum angenehm gestalten. „In Ordnung – lassen Sie uns mit dem gegenseitigen Provozieren aufhören. Ich will Ihnen nichts tun, und ich will schon gar nicht Ihrer Frau etwas tun. Ich schließe es ja gar nicht aus, dass ich sehr schnell aus Ihrem Leben wieder verschwinde – aber einen vernünftigen Grund dafür müssen Sie mir schon nennen.““Der Grund ist simpel – ich will Sie nicht im Haus haben.“Es ist offensichtlich – einigen wird er sich mit Alexander nicht können. Für Alexander gibt es nur einen Weg, den er akzeptiert, sein Verschwinden. Das einzige, was er im Augenblick tun kann, ist Zeit schinden. „Lassen Sie mich einmal in Ruhe darüber nachdenken.““Was gibt es da nachzudenken? Sie hoffen doch nicht wirklich, weitere Dienstleistungen gegen meinen Willen durchsetzen zu können?““Einen Moment, Herr Schmitt – es dürfte auch für Sie weit unkomplizierter sein, wenn Sie sich nichts ertrotzen müssen, sondern ich freiwillig aufgebe. Falls Sie die Chance haben wollen, müssen Sie mir schon eine gewisse Bedenkzeit einräumen. Und jetzt entschuldigen Sie mich bitte.“Mit kräftigen Stößen drückt er seine Zigarette aus, steht auf.“Nur zu gerne“, knurrt Alexander.Hoffentlich merkt man ihm seine ungeheure Wut nicht an; Wut, die sich infolge ihrer eigenen Hilflosigkeit vervielfacht. Es gibt ja nichts, was er tun kann, außer aufgeben. Ausgerechnet jetzt, wo es viel zu früh ist, das gerade erst geöffnete Buch befriedigt wieder zu schließen, und zu spät, es geschlossen zu halten.