„Nachspiel“
Ich öffnete die Augen, sah Robin an – und in diesem Moment wusste ich genau, wie ich es herausfinden konnte, was Robin denn am meisten faszinierte. Die Lösung war mehr als offensichtlich.
Gleichzeitig wurde mir klar, dass es genau das war, was er von mir erwartete – dass ich ihm half, seinen Traum nachzuspielen.
Der Gedanke, die ganze Situation war so vollkommen verrückt, dass ich lachen musste. Schließlich waren wir einander vollkommen fremd. Obwohl ich zugeben musste, dass ich mich in seiner Wohnung, in seiner Nähe nicht fremd fühlte.
Robin blieb ernst, seine dunklen Augen ruhten auf mir. „Du möchtest, dass ich genau das mit dir mache, was du in diesen Träumen immer erlebst?“, stellte ich mehr fest, als dass ich es fragte. Er sagte nichts, er nickte nur.
Ich überlegte fieberhaft; aber nicht etwa, ob ich mich dazu bereit erklären sollte. Diese Frage war längst beantwortet; ein brennendes Kribbeln in meinem Bauch sagte mir, dass ich es in der Tat wollte, so verrückt es auch war.
Nein, ich grübelte vielmehr lediglich darüber nach, wie sich das denn real erreichen lassen konnte. In seiner Wohnung hatte Robin ganz bestimmt nichts an Dingen, womit ich seine Fantasie umsetzen konnte. In „meine“ Wohnung, mit anderen Worten zu Phil, konnte ich nicht gehen.
Ich hatte keine Lust auf irgendeine Seitensprung-Diskussion, auf Eifersucht und ein Nachdenken darüber, ob mir das nun eigentlich erlaubt war oder nicht; ich wollte es einfach, ich wollte es tun.
Sicherlich habt ihr, wenn ihr meinen Domina Blog verfolgt, ja schon einige Male festgestellt, dass ich ein sehr impulsiver Mensch sein kann und manchmal auch gerade an den ganz entscheidenden Stellen, wo die Vernunft dazu rät, sich alles lange und gründlich zu überlegen, spontan handele.
Die Antwort, wo und wie wir beide denn Robins Traum nachspielen konnten, ergab sich plötzlich wie von selbst. Bei Cathy; in dem Domina Studio, in dem ich demnächst arbeiten würde.
Die Stunde, nach deren Ablauf ich Cathy sagen musste, dass alles in Ordnung war, war ohnehin schon fast abgelaufen. Also griff ich mir kurz entschlossen mein Handy und rief sie an.
Sie klang etwas verwundert über meinen merkwürdigen Wunsch – wer wäre das nicht gewesen … -, aber sie versprach mir, dass ich ohne Kosten, ohne Einmischung und ohne dumme Fragen einen Raum im SM Studio benutzen durfte, wenn ich in einer Stunde mit meinem „Kunden oder Freund oder wie auch immer“, wie sie es nannte, vorbeikommen würde.
Okay – dann war jetzt eine Stunde Zeit totzuschlagen.
Erst als ich mein Handy wieder weggepackt hatte, unterrichtete ich Robin über meine Pläne. Wieder sagte er nichts, nickte nur.
Das Problem damit, dass wir erst in einer geraumen Weile aufbrechen konnten, war das, dass man sich spontane Entschlüsse manchmal doch noch anders überlegt, wenn man sie nicht sofort umsetzen kann. Irgendwie funkt dann an irgendeiner Stelle doch die Vernunft wieder dazwischen.
Doch ich beschloss, sie in diesem Fall überhaupt nicht zu Wort kommen zu lassen. Ich würde sie ausblenden, ich würde jeden Gedanken an den Traum und die aufregenden Möglichkeiten einer Realisierung, die mich ganz kurzatmig und erregt werden ließen, beiseite zu legen und zu ignorieren.
Ich würde diese Stunde jetzt als eine Möglichkeit betrachten, den Menschen Robin – nicht den Sub Robin – näher kennenlernen zu können, ein wenig nett mit ihm zu plaudern, wie Fremde das tun, wenn sie sich einander annähern.
Als ob ich einen Fragebogen für eine Behörde vor mir liegen hätte, fragte ich Robins Alter, Beruf und Lebenslauf in Kurzfassung ab.
Ein leichtes Lächeln spielte um seine Lippen, als er mir diese Fragen beantwortete. Es gefiel mir, dass er so offen war, so bereitwillig Auskunft gab. Und dass er nicht beleidigt war über meine Neugierde, sondern Humor zeigte.
Manchmal, während wir so plauderten, musste ich daran denken, was ich vorhatte. was wir vorhatten.
In einer Stunde, in einer halben Stunde, in 20 Minuten war es soweit – dann würde ich Robin als Domina gegenüber stehen. Dann würde sein Traum wahr werden. Es machte mich so nervös, als ob ich diejenige wäre, deren lange gehegter Traum kurz vor seiner Erfüllung stünde.
Dabei war ich nur ausführende Kraft; womöglich sogar nur eine unwichtige Statistin, das würde sich herausstellen.
Ich spürte dieses unnachahmliche Kribbeln, das eine Begegnung mit einem fremden Menschen immer begleitet, wenn noch alle Möglichkeiten offen sind, wenn man etwas spürt, das angenehm und verführerisch ist, das vielleicht einmal Verliebtsein werden kann, es aber noch nicht ist.
Wobei ich es einfach liebe, verliebt zu sein. Diese Augenblicke ganz am Anfang, wenn noch keine Routine, keine Gewöhnung und kein Alltag existieren, sind mir schon immer die liebsten gewesen.
Vielleicht hatte ich mich nur deshalb auf dieses Abenteuer mit Robin eingelassen, weil diese Zeit in der Beziehung zu Phil schon lange vorbei war. Und weil ich mich deshalb nach genau diesem verloren gegangenen Prickeln so stark sehnte.
Aber darüber hatte ich ja bewusst nicht nachdenken wollen, über Phil und über das, was diese Episode mit Robin für meine Beziehung zu ihm bedeutete.
Es wurde Zeit. Ich erhob mich, und auch Robin stand auf. Wir brachen auf, ins Studio, wo Cathy uns erwartete. Meine Aufregung nahm in jeder Sekunde zu, lähmte mich. ich war froh, dass wir in Robins Wagen fuhren; einem übrigens überaus edlen Teil. Ich kam mir vor wie eine Anfänger-Domina – dabei war Robin der Anfänger!