Neue Chancen
Mein was? Gestern Morgen zu Beginn der Arbeit saß ich noch fest im Sattel, und jetzt bin ich nicht nur entthront, sondern mein Pferd hat auch noch ein anderer geklaut?
Was soll ich jetzt machen? Brüllen, toben, einen Schreikrampf kriegen, heulen?
Gekündigt
Kaum stehe ich ihm gegenüber, nach ein wenig Spießrutenlaufen bei den wenigen Kollegen, die um diese Zeit noch am Arbeitsplatz sind und mir mit einer Mischung aus Schadenfreude, Angst um die eigene Position und verwässertem Mitleid begegnen, ist all meine Entschlossenheit dahin. Mir werden die Knie weich, ich möchte ihm am liebsten um den Hals fallen. Die ganzen Probleme sind auf einmal überhaupt nicht mehr wichtig. Vergebens versuche ich, mich an den festen Vorsatz zu erinnern, mich von meinen Gefühlen ihm gegenüber zu lösen. Er besteht aus nichts als Worten, die angesichts der emotionalen Realität zu Staub werden.
So wird das nichts
Warum habe ich bloß so lange gewartet mit dem Einkaufen? Am frühen Nachmittag hätte ich das noch ohne das Gedrängel und Geschubse erledigen können, das mir dann kurz nach vier den Aufenthalt im Supermarkt zur Tortur machte. Dabei weiß ich doch genau, wie voll es um diese Zeit meistens ist, weil ich mich oft genug genau dann ins Getümmel stürzen muss, direkt nach Feierabend, wenn es in der Mittagspause wieder einmal nicht gereicht hat oder mir das Zeug sonst in den Nachmittagsstunden vergammeln würde im Sommer. Aber jetzt hätte ich doch die freie Auswahl gehabt. Über die Rentner, die unbedingt die heftigsten Stoßzeiten nehmen müssen, um sich dann vorzudrängeln, weil sie ja so wenig Zeit haben, rege ich mich auch immer auf.
Rache ist süß – aber schwierig
Was sagt man in einer solchen Situation? Was tut man, wenn der, in den man verknallt ist, verknallt war, wie auch immer – das wird sich später weisen – sich als solches Arschloch entpuppt und dort zuschlägt, wo es kein erotisches Spiel mehr ist, sondern wirklich weh tut? Droht man mit dem Anwalt? Hält man sich vornehm zurück? Schlägt man ihn k.o., wickelt ihm dann seine hässliche Krawatte um die entblößten Eier und hängt ihn am Kronleuchter auf?
Eine Fortsetzungsgeschichte
Leicht angesäuert, aber meinerseits zu höflich (und zu feige), das offenkundig zu machen, höre ich mir einen begeisterten Report an von zwei Dominas, die sich auf offener Bühne einen Mann geteilt haben. Rein straftechnisch natürlich nur. Mühsam unterdrücke ich ein Gähnen. Ich muss dazusagen, der Bekannte ist devot und hat bestimmt beinahe einen Abgang von der Vorstellung gekriegt, er sei an der Stelle des armen Opfers. Aber wen, bitte, soll das vom Hocker reißen?
Berufliche und andere Entwicklungen
Außerdem, wenn ich schon dabei bin, sein Verhalten abschließend zu bewerten, wie ist der Trottel eigentlich auf die Idee gekommen, mir den Professor Top vorspielen zu müssen, gleich mit Übungsobjekt und allem? Das ist und bleibt eine absolut hirnrissige Idee. Wenn er sich nicht richtig auskennt, warum hat er mich nicht einfach angerufen und mich gefragt, was er anziehen soll? Gut, ein normaler Mann würde das nie tun. Nur hat ein normaler Mann auch keine Lederhose im Schrank und kennt SM-Partys allenfalls von Pornofilmen. Vielleicht ist er doch nicht so unbedarft, wie der Winkelzug nach seinem Aufdecken das vermuten lässt?