Ein Abschied und ein Neuanfang
Ich versuche es mit ruhigen Argumenten. „Martin, der Job, den ich gerade mache, das ist doch überhaupt nichts im Vergleich zu deinem. Es ist ein Nichts, ein kleines Spiel. Hättest du gesagt, du willst ihn haben, hätte ich ihn abgelehnt.“ Einen Moment lang überlege ich, ob ich ihm das jetzt noch anbieten soll, aber nein, das will ich nicht. Meinetwegen nicht, und Mondheims wegen nicht. Und weiter im Text. „Was den Zirkel angeht, ich weiß nicht, wie die ihre Termine machen. Ich bin sicher, es ist reiner Zufall, dass mein Vorgespräch vor deinem war. Außerdem sagt das ja nichts über die tatsächliche Aufnahme. Und Mondheim hat dich nicht ins Abseits befördert, er hat nur darum gebeten, dass ein anderer dein Mentor wird. Damit hat er auch voll und ganz recht. Schau dir doch an, wie wir beide miteinander umgehen. Du glaubst doch nicht im Ernst, unter diesen Umständen könnte er uns beide nebeneinander in den Zirkel einführen.“
Mondheim der Beschützer
Mondheims Oberkörper kommt ruckartig nach vorne. „Darf ich Sie daran erinnern, Herr Lange, die eigentliche Versammlung ist beendet. Vielleicht haben Sie die Güte, Frau Senreis nun wieder so anzusprechen, wie es außerhalb korrekt ist.“
Aha – die allgemeine Duzerei ist also auch Teil des Zeremoniells. Schön, wie diese Umgangsformen, die oft genug in ihrer Alltäglichkeit gar nicht mehr beachtet werden, hier neue Bedeutung gewinnen. Und ich war so sehr gefangen in der Aufregung, ich habe es nicht einmal bemerkt.
Das erste Mal im SM Zirkel
Wir beide, Deinar und ich, machen einen großen Fehler, und der des einen ist der Komplementärfehler zu dem des anderen. Er will etwas als Dauereinrichtung, das ich in gewissen Momenten nur zu gerne von ihm nehme. Er verlangt die Konstantheit meiner Schwäche, und ich verlange von ihm, in der Lage zu sein, nur in bestimmten Augenblick stärker zu sein. Wir sind nicht gleichberechtigt starke Partner, die einander über die schwächeren Tage und Stunden hinweghelfen. So, wie er für mich Pflaster und Krückstock ist, bin ich für ihn die Highmach-Droge, die ihn sich besser fühlen lässt.
Madame auf dem Kriegspfad
Ja, ich weiß – privat dagegen kann ich nichts erreichen bei ihm.
Deinar will etwas, was er eigentlich gar nicht will – mich. Hormone und Herzklopfen fordern etwas von ihm, dem sein Verstand im Wege steht. Zugegeben – einfach ist es bestimmt nicht, mit mir auszukommen. Ob ich so schlimm und unmöglich bin, wie Deinar das ersichtlich befürchtet, weiß ich nicht – aber chaotisch und chaotisierend genug bin ich sicher. Ich würde sicherlich sein ganzes, gerade erst nach der Scheidung mühsam wieder geordnetes Leben durcheinanderwirbeln; ebenso wie er meines.
Zweikampf
Es läuft alles fast zu gut an, um wahr zu sein. Einen Kontakt zu einem Anwalt hat Mondheim mir auch beschafft. Er selbst schaut am Dienstag Morgen kurz bei mir vorbei, und nachdem der Chef keine Kritik äußert an dem, was ich zu berichten habe, wird wohl alles schon so seine Ordnung haben.
Der Anwalt mault zwar ein wenig und jammert mir etwas von seinen 16-Stunden-Tagen vor – ob er die Mittagessen auch als Arbeit ansieht? -, aber er verspricht, mir eine kurze Zusammenfassung zu den rechtlichen Themen in Zusammenhang mit SM zu liefern.
Der Herr SM Doktor
„Vielleicht weil es mehr Spaß macht, wenn ein wenig Reibung auftritt?“ bemerkt Jakob ganz überraschend; hätte ich ihm gar nicht zugetraut, eine solche lebendige Einsicht, dem trockenen Finanzmann. Aber was haben die eigentlich alle in meinem Privatleben zu suchen?
„Ich glaube, wer Mondheim als Chef hat, der braucht privat eher Ruhe als Reibung,“ entgegne ich, und muss umgehend Mondheims strengem Blick standhalten, bis er endlich doch lächelt. „Ich fürchte, Sie sind einfach ein bisschen zu selbständig und eigensinnig für Deinar,“ sagt er und unterbricht sich dann selbst, noch bevor ich mir weitere Einmischungen verbitten kann, „aber zurück zum Thema.“